Pranayama ist die bewußte und willentliche Lenkung der Atmung (Prana = Atem, ayam = kontrollieren, regulieren). Mit jedem Atemzug nehmen wir nicht nur Sauerstoff auf, sondern auch Prana. Prana ist kosmische Energie, die Kraft im Universum, die erschafft, bewahrt und verändert. Es ist das Grundelement von Leben und Bewußtsein. Prana befindet sich auch in der Nahrung, deshalb ist es so wichtig, eine gesunde und vollwertige vegetarische Nahrung zu sich zu nehmen.

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Das zielgerichtete Lenken des Prana im Körper kann zur Steigerung der Vitalität, körperlichen Entgiftung und Erhöhung der Immunabwehr sowie zur Erlangung innerer Ruhe, Entspannung und geistiger Klarheit eingesetzt werden.

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In der Mythologie heißt es, daß jedem Wesen vorherbestimmt ist, wie viele Atemzüge lang sein Leben dauern wird. Der Yogi versucht nun, durch Verlangsamung seines Atems "Zeit zu sparen" und sein Leben zu verlängern (Eine Ausnahme bildet die Bhastrika-Technik (Stufe 5). Bei diesem Pranayama atmet man während der Übung schneller, im Anschluss daran jedoch tiefer und langsamer.)

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Allgemeines zur Atmung

Um leben zu können und unseren Körper gesund zu erhalten, brauchen wir nicht nur Nahrung und Wasser, sondern auch Luft zum Atmen. Die Atemluft ist sogar wichtiger für uns als Essen und Trinken, denn: ohne zu essen können wir einige Wochen überleben; ohne zu trinken können wir einige Tage überleben; jedoch ohne zu atmen können wir nur wenige Minuten überleben. Unser Leben beginnt und endet mit der Atmung.

Grundsätzlich kann man bei einem Atemzug drei Phasen unterscheiden: 

  1. Einatmung
  2. Ausatmung
  3. Atempause

Jede Phase geht fließend in die nächste über, wobei das Ausatmen ungefähr doppelt so lange wie das Einatmen dauern soll. Die Atempause entsteht auf natürliche Weise am Ende der Ausatemphase und dauert so lange, bis sich der Impuls zum Einatmen von selbst ergibt. Die Einatmung bildet den aktiven Teil des Atemzuges. Dabei kommt es zur Anspannung der Atemmuskulatur. Die Ausatmung ist der passive Teil, die Phase der Entspannung.

Eine ruhige und gleichmäßige, tiefe Atmung ist für unsere Gesundheit maßgebend. Sie wirkt harmonisierend und beruhigend auf Körper und Geist. Umgekehrt wirkt sich eine zu rasche und flache Atmung negativ auf uns aus, weil sie Nervosität, Streß, Verspannungen und Schmerzen steigern kann.

Ein sehr häufiger Fehler bei der Atmung ist, daß sich bei der Einatmung zwar der Brustkorb erweitert, aber der Bauch eingezogen wird, statt sich nach vorne zu wölben. Die Bauchatmung wird dadurch erheblich beeinträchtigt. Oft kommt es aus modischen Gründen zu dieser Fehlatmung: durch Einziehen des Bauches oder einengende Kleider.

Im Yoga sollen alle Übungen, also auch die Atemübungen, langsam und ohne unnötige Spannungen durchgeführt werden – ohne Ehrgeiz und Wetteifer. Der Atem soll unhörbar sein. Man atmet grundsätzlich durch die Nase (weil die Luft in der Nase gereinigt, befeuchtet und erwärmt wird) und versucht, die Atmung durch Übungen schrittweise zu verlangsamen und zu verlängern. Erst durch die richtige Atmung kommen die Wirkungen der Yogaübungen zu ihrer vollen Entfaltung.

Bei allen Übungen ist es sehr wichtig, sie in einem körperlich und geistig entspannten Zustand durchzuführen. Ein körperlich entspannter Zustand ist deshalb wesentlich, weil nur dann die Muskulatur, die bei der jeweiligen Asana gedehnt wird, die volle Bewegung zulassen kann, ohne dagegen zu spannen. Ein geistig entspannter Zustand ist notwendig, damit die Asanas mit voller Konzentration auf Spannung, Entspannung und Atmung geübt werden können. Durch bewußtes Ausatmen kann man die Entspannung der Muskulatur erheblich unterstützen, da das Ausatmen mit Muskelentspannung verbunden ist.

Yoga zeigt uns, wie wir durch verschiedene Atemtechniken Körper und Geist beeinflussen können. Unsere gewohnte Atmung hat sich leider von der natürlichen und richtigen Atmung weit entfernt.

Eine grundsätzliche Bedingung zur Wiederherstellung der gesunden Atmung ist das Einüben der YOGA-VOLLATMUNG.

Zum Erlernen dieser Atmung hilft die Unterscheidung der folgenden drei Atmungstypen: 

  1. Bauch- oder Zwerchfellatmung

    Beim Einatmen bewegt sich das Zwerchfell nach unten und komprimiert die Bauchorgane, sodaß sich die Bauchdecke nach vorne wölbt. Beim Ausatmen kehrt das Zwerchfell nach oben zurück, und die Bauchdecke wird wieder flach. Ausatmen ist im Gegensatz zum Einatmen ein passiver Vorgang. Die Bauchatmung bildet die Basis der Atmung. Sie ermöglicht die volle Ausnutzung der Lungenkapazität, verlangsamt und vertieft auf natürliche Weise die Atmung und fördert die Entspannung.

  2. Brustatmung

    Beim Einatmen heben sich die Rippen, sodaß der Brustkorb sich erweitert, beim Ausatmen kehren die Rippen wieder in die ursprüngliche Stellung zurück. Die Atemluft strömt in die mittleren Partien der Lungen. Die Lungen werden weniger gefüllt als bei der Bauchatmung, und die Atmung ist schneller und flacher. Zu dieser Atmung kommt es automatisch in Stresssituationen, bei Nervosität und Anspannung. Durch die unbewußt einsetzende raschere Atmung wird dieser erhöhte Spannungszustand weiter verstärkt oder bleibt zumindest erhalten. Um diesen ungünstigen Regelkreis zu unterbrechen, ist die tiefe und langsame Bauchatmung eine gute Hilfe.

  3. Schlüsselbeinatmung

    Bei dieser Art der Atmung strömt die Luft in die Lungenspitzen. Beim Einatmen hebt sich der obere Teil des Brustkorbs mit den Schlüsselbeinen, beim Ausatmen senkt er sich wieder. Die Atmung ist sehr flach und rasch. Zu dieser Form der Atmung kommt es in hochgradigen Stress-, Angst- und Atemnot­situationen. 

Bei einer gesunden und natürlichen Atmung kommen alle drei Variationen in einem Atemzug vor. Sie sollen sich zu einer "fließenden Welle" vereinigen, die beim Einatmen von unten nach oben und beim Ausatmen von oben nach unten verläuft. Beim Einatmen wölbt sich der Bauch nach vorn und der Brustkorb wird weiter; beim Ausatmen kehren Brustkorb und Bauch wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück. Indem man diese Atmung so durchführt, daß – auf natürliche Weise und ohne zu forcieren – die volle Lungenkapazität ausgenützt wird, praktiziert man die YOGA-VOLLATMUNG.